"Operation Federbein"

Osh, die zweitgrösste Stadt Kirgsistans war das Ziel der letzten Etappe mit meinem bockenden Pamirschaf.

Nach einer kleinen Odyssee durch eine kochend heisse Stadt und 2 Hostels/Hotels, die nicht wollten oder konnten bekam ich eine Top Empfehlung. 2 von unserer Entourage waren bei Stas und Nastia untergekommen. Einem süssen Guesthouse mit allem was man braucht.

 

Als ich das Zimmer gesehen hatte war klar. "Ich nehme es für 14 Tage". Eine etwas erstaunte Reaktion. "Was willst du denn 2 Wochen in Osh?" 

Nun ja erst mal ausspannen, ein Bier trinken, ein paar Dinge regeln und dann natürlich schauen wo ich mein Moped reparieren kann.

 

Mein neues Domizil ist von Aussen nicht wirklich als Herberge zu erkennen. Es hängt zwar ein kleines B&B Schild unscheinbar über der Strasse, aber das war es. Hinter dem grünen Stahltor ist ein Haus in Hufeisenform, ein langer Hof für die Mopeds und dann ein rechteckiger grosser Garten mit einer überdachten Sitzecke.

Mein "Zimmer" war dann genau was ich zu dem Zeitpunkt brauchte. Ein kleines Appartement, Wohnzimmer mit Tisch, TV, WLan, Klima und bequemem Sofa, ein Schlafzimmer mit Doppelbett. Ein Bad, ein Flur und eine kleine Küche. Und das, im Gegensatz zum (immer noch aktuellen) Onlinepreis, unschlagbar günstig.

Zur Familie gehörte der knuddelwütiger Golden Retriever und eine  schüchterne Katze mit frechem Nachwuchs.... Was will man denn mehr um die Seele baumeln zu lassen und wieder Energie zu sammeln?!

 

Meine Hosts waren dann noch das i-Tüpfelchen. Immer hilfsbereit und sehr humorvoll, ich konnte viel über Kirgistan erfahren, ein paar Brocken Russisch dazu lernen und über dies und das reden.

 

Meine Suche nach dem Federbein begann!

Genauer wollte ich eigentlich nur das alte reparieren, denn es war ja nur der Ausgleichsbehälter geplatzt.

Der Besuch beim lokalen Schrauber, Telefonate meines Vermieters nach Bishkek zu Werkstätten und dem lokalen Motorradclub ergaben ziemlich schnell, dass es in Kirgistan keine Chance gibt so etwas zu reparieren. Wie ich später erst gelernt habe sind diese Dämpfer mit Öl und Stickstoff gefüllt und mit 14 bar aufgeladen. Dafür muss man schon die Anlage und das Knowhow haben. Hier also nicht zu bekommen.

Nächste Option ist weiter über die Grenze zu schauen. Freunde in Russland haben sogar eine Facebook Gruppe aufgemacht um nach einem Teil zu fanden ....

 

Das dauert natürlich, also was macht man in der Zeit? Ausschlafen, am Rechner spielen, in die Stadt fahren und ein bisschen fotografieren,... ja und dann wieder mit dem Hund spielen.

Osh selbst hat nicht sehr viel zu bieten. Der Basar, der Hausberg mit einem Museum im Fels und ein paar nette Parks und Restaurants. Und auch die Anzahl von Luxusautos wuchs dramatisch im Vergleich zum Pamir ...

 

Eine holländische Fernreisende hatte letztes Jahr in Kirgistan einen schweren Unfall und musste ausgeflogen werden. Als ich sie auf dem HU Meeting letztes Jahr kennen gelernt habe, hatte sie noch Krücken aber wir waren uns gleich sympathisch. Ihr Motorrad stand noch immer hier in Osh und sollte dieses Jahr abgeholt werden. Ich hatte ihr versprochen, wenn ich nach Osh komme, mal danach zu schauen. Nun ja, jetzt hatte ich ja mehr als genug Zeit dafür. Leider sah die Maschine optisch nicht wirklich gut aus, dafür dass man für die Unterbringung Geld bezahlt hat. 

Also ein kleines Projekt für zwischendrin. Abpacken, Dampfstrahlen, Motor laufen lassen, Flüssigkeiten und Funktionen checken, Schrauben checken,... 

Es sah dann gar nicht mehr so schlimm aus, aber ich hatte wieder was zu tun. 

Denn Stas machte mit mir schon einen morgendlichen Witz: "Whats your plan for today?" "No idea, as usual!" 

 

Nach einiger Zeit gehörte ich irgendwie schon zum Inventar, kannte die Kids und die Gegebenheiten, wies neue Gäste ein und hatte meinen Spass.

 

Mit dem Federbein ergab sich aber nix, also musste ein neuer Plan her. Über 2 französische Motorradfahrer hatte ich von einer  französischen Firma gehört, die Federbeine auf Mass herstellen. Meine Maschine, mit mir, kommt auf ca 450kg und da will ich sicher kein gebrauchtes Teil einbauen.

Leider meldeten die sich aber nicht mehr. Wieder eine Sackgasse...

 

In der Zwischenzeit sah ich viele Gäste kommen und gehen, ging mit ihnen aus essen, tauschte mich aus und sah zu, dass ich mein Zeug auf Vordermann brachte.

 

Nach einem Telefonat wegen 2 Transalps die kurzzeitig "verschwunden" waren kam ich wieder mit einem deutschen Bekannten vom HU in Kontakt. Er hörte sich mein Problem an und hatte den erlösenden Tip.

 

Ich nahm Kontakt mit Martin Sauer von www.alusauer.de in Oberkirch auf. Ich erzählte ihm mein Problem und wir hatten innerhalb von ein paar Stunden eine Lösung. Er würde mir ein neues Federbein von Öhlings bestellen und dann nach meinen Angaben auf Gewicht und Fahrbahn anpassen. Wenn alles klappt in einer Woche. Wow !!!

Man muss dazu sagen, dass wir uns nicht persönlich kannten und er auf Basis des Telefonats über eine suspekte Skype Nummer ein Federbein bestellt hat. Unkompliziert und noch ein Mann der festen Zusagen! 

Um die Federrate abzulesen musste jetzt das Federbein raus. Als die Schrauben draussen waren zerfiel das Federbein in seine Einzelteile. Der Kolben war auch gebrochen. Gut, dass ich mich auf keine Reparatur eingelassen hatte.

 

Also ging es daran einen Flug zu organisieren... Ja ja, ich höre schon die Einwände. Warum denn nicht schicken? Hat mich bisher jeder schon gefragt. Weil ich es durchgerechnet habe. Ich habe Ausrüstung von 3 Leuten Retour genommen, wollte Material tauschen und vor allem wollte ich den lokalen Transport nicht testen.

Wer die Geschichte meines Freundes kennt, der ewig auf seine BMW Teile in Indien gewartet hatte, bis er feststellen musste, dass das Paket schon seit Wochen im indischen Postamt vor sich hin verstaubte. Der weiss warum ich dies Option nicht testen wollte. Noch dazu wollte ich für das Teil keinen Zoll bezahlen. Nehme es schliesslich nach dem Einbau wieder mit raus.

Kurz gesagt, es war die schnellste und billigste Variante.

 

Osh-Bishkek-Istanbul-Stuttgart war die Flugroute. Müde aber zufrieden war ich in Deutschland und wurde ganz lieb am Flughafen abgeholt. 

 

Die nächsten Tage war dann Materialbesorgung, Papierkram, noch ein bisschen Organisatorisches und natürlich auch angesagt meine Lieben zu sehen und ein gutes Bier an der "Volksgarage2 zu trinken.

 

 

Martin Sauer hatte das Federbein top vorbereitet und mir noch einiges dazu erklärt. Top! Martin, herzlichen Dank dafür. 

 

Stolz und zufrieden ging es dann wieder nach Hause. Wie bekomme ich jetzt alles wieder ins Gepäck. Gekommen war ich mit 34kg Material, zurück ging es mit etwas über 20kg.

Irgendwie ging alles rein und es ging zurück. 

Das Chaos am kirgisischen Zoll war perfekt und ich war mit meinen ganzen neuen Goodies ohne Kontrolle im Land. 

Also ab nach Osh und erst mal chillen,... aber nee. 

 

 

Auf dem Flug habe ich eine nette Holländerin getroffen, die mir von den Nomadgames am nächsten Tag erzählte! Muss ich sehen!

Also ab nach Osh und gleich bei über 30°C das Federbein tauschen ... Mit Hilfe meiner freundlichen Assistentin ging alles reibungslos und es kann weiter gehen...

Write a comment

Comments: 4
  • #1

    Birgit und Ignatz (Monday, 14 August 2017 19:59)

    Das ist ja wieder ein fantastischer Bericht. Du erlebst wirklich das Abenteuer Deines Lebens. Vielen Dank dass wir teilnehmen dürfen. Weiterhin eine tolle Zeit ohne Pannen!
    Liebe Grüße
    Birgit und Ignatz
    p.S. Da hätten wir uns ja fast treffen können;-)

  • #2

    Arnd (Grubenpony) (Saturday, 19 August 2017 17:27)

    Rosto, was du alles erlebst ist wirklich der Hammer!
    Dreimal "Hut ab"!
    Und "mal eben" nach hause, ein neues Federbein holen, kommt auch nicht alle Tage vor.
    Bin gespannt, wie´s weitergeht und was du wieder an tollen Bildern hier einstellst.
    Alles Gute und weiterhin viel Glück!
    Arnd

  • #3

    Sunny (Sunday, 27 August 2017 14:17)

    Ihr persönlicher Flughafenshuttle :)

  • #4

    Timo (Tuesday, 06 March 2018 04:45)

    Hi. Ich will ein Touratech federbein für meine Africa twin von Deutschland nach Mexiko mitnehmen. Gab es bei dir kein Problem am Flughafen in Deutschland wegen dem Gasdruckbehälter im Federbein?
    Lg